Wert kann im Bezug auf Kunst nicht gleichgesetzt werden mit Preis, also dem Geldwert, der durch den Verkauf von Kunstwerken erzielt werden kann. Vielmehr wird der Wert der Kunst durch ihre öffentliche Zurschaustellung beeinflusst: in Ausstellungen, Biennalen und Messen genauso wie in privaten Wohnungen und Social Media Feeds. In der Kunstwelt Kapital zu erzeugen, bedeutet also, diese verschiedenen Bühnen auf besondere Weise zueinander in Stellung zu bringen. Wie aber geschieht das? Welche Verhältnisse entstehen im Bezug auf Publikum, Institution, kuratorische Rahmenbedingungen und Medien? Mi You beschäftigt sich mit diesen verschiedenen Arten von Kapital sowohl aus akademischer als auch aus kuratorischer Sicht: Die Wissenschaftlerin und Kuratorin spricht mit Agnieszka Roguski über die Verflechtungen von Kunst und Kapital, die Macht des Kanons, die Exklusivitäten der documenta und Möglichkeiten einer postkapitalistischen Zukunft.

Mi You ist Professorin für Kunst und Ökonomie an der Universität Kassel / documenta Institut. Ihre akademischen Interessen liegen im sozialen Wert von Kunst, im neuen und historischen Materialismus sowie in der Geschichte, politischen Theorie und Philosophie Eurasiens. Sie arbeitet zur Seidenstraße als Figuration für die Neugestaltung von Netzwerken und hat Ausstellungen und Programme im Asian Culture Center in Gwangju, Südkorea, dem Ulaanbaatar International Media Art Festival, Mongolei (2016), Zarya CCA, Wladiwostok (2018) und der Forschungs- und Kuratorenplattform „Unmapping Eurasia“ (2018-) zusammen mit Binna Choi kuratiert. Ihre jüngsten Ausstellungen konzentrieren sich auf sozialisierende Technologien und sogenannte „actionable speculations“, wie „Sci-(no)-Fi“ an der Akademie der Künste der Welt, Köln (2019) und „Lonely Vectors“ im Singapore Art Museum (2022). Sie war eine der Kurator:innen der 13. Shanghai Biennale (2020-2021). Im sozialen Bereich ist sie Vorsitzende des Ausschusses für Medienkunst und Technologie des transnationalen NGO Common Action Forum.