29. Juni 2019
16 Uhr
Filmclub Extra zeigt Filme von Ole Dunkel
Am Samstag, 29. Juni 2019 ab 16 Uhr zeigt das M.1 im Rahmen des Filmclub Extra Filme von Ole Dunkel, in Fachkreisen vor allem als Vorsitzender des Fachverbandes für Kunstpädagogik BDK bekannt. Zwischen 1968 und 1972 war er auch als Filmemacher tätig. Dunkels Filme sind Zeitdokumente des damals – besonders in Hamburg – aufblühenden „Anderen Kinos“, das sich jenseits des kommerziellen Kinos in unabhängigen Strukturen organisierte.
Christian Meurer konnte für die Präsentation dieser Filme den Cinéasten Peter Hoffmann vom „Kino im Sprengel“ in Hannover gewinnen, der seit Jahren mit Dunkels Werk befasst ist.
Der Eintritt ist frei.
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Über Ole Dunkel
Einblicke in eine biographische Zwischenetappe bietet das M.1 am Samstag, 29. Juni 2019 ab 16 Uhr. Der im letzten Jahr verstorbene, Fachkreisen vor allem als führender Organisator und Theoretiker der deutschen Kunsterziehung bekannte Ole Dunkel versuchte sich zwischen 1968 und 1972 als Filmemacher zu etablieren. Dabei entstanden zeithistorisch so interessante Resultate, dass es sich lohnt, sie im Rahmen einer kleinen Werkschau erneut zu zeigen.
Ole Dunkel wurde 1948 in Hamburg geboren, er ging 1967/68 zunächst nach Hannover an die dortige Werkkunstschule und 1968/69 weiter an die Staatliche Kunsthochschule SHFBK nach Braunschweig, wo er sein Kunstpädagogik-Studium fortsetzte und 1972 abschloss. In Braunschweig war er der erste Student, der sein Studium mit einem Film abschloss, und zwar noch bevor dort die Filmklasse eingerichtet wurde.
Seine Filme zeigen von Anfang an eine konzentrierte Arbeitsweise und für die Zeit typische, kritisch-intellektuelle, aber auch bewusst formale Ansätze. Sie sind kritische Auseinandersetzungen mit seinem gesellschaftlichen Umfeld und reflektieren Probleme von Sexualität, Mode und Karriere, Studium und Berufseinstieg, gesellschaftlicher Gewalt in der Arbeitswelt, bürgerlichem Kulturbetrieb und revolutionären Phantasien.
Trotz seiner relativen Isoliertheit als Filmemacher in Hannover bzw. Braunschweig sind Ole Dunkels Filme im Kontext des damals überall – besonders in Hamburg –aufblühenden „Anderen Kinos“ zu sehen, das sich jenseits des kommerziellen Kinos in unabhängigen Strukturen organisierte. Dunkel war beteiligt am hannoverschen K.O. Kino (K.O. = Kino Organisation). Das K.O. Kino zeigte an bestimmten Wochentagen in zwei Hannoverschen Kinos unabhängige Filme neben anderen als progressiv geltenden kommerziellen Filmen. In Braunschweig entstand auf Ole Dunkels Initiative in den Räumen der Hochschule ein Ableger dieses Filmclubs: K.O. Kino –Das dritte Kino – Polit-Underground – das unzensierte Kino.
Parallel zu seinem Abschlussfilm Wozu das Theater? (der auch sein letzter Film bleiben sollte) erarbeitete Ole Dunkel zusammen mit drei Kommilitonen das zweibändige Kunsterziehungs-Grundlagenwerk Audiovisuelle Medien in der Schule, das 1972 bzw. 1973 im Otto Maier Verlag Ravensburg erschien.
Nach seinem Studium widmete er sich ganz der kunstpädagogischen Lehrtätigkeit an einer hannoverschen IGS. Er war Mitglied und zeitweise Vorsitzender des Fachverbandes für Kunstpädagogik BDK, dessen Zeitschrift er bis zu seinem Tod gestaltete.
Präsentiert und erläutert wird die Retrospektive von insgesamt acht (teilweise unvollständig erhaltene) Kurzfilmen von dem Cinéasten Peter Hoffmann vom Kino im Sprengel in Hannover, der seit Jahren mit Dunkels Werk befasst ist und es eingehend erforschte.
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Programm
Erster Programmteil
Modemacher – Fragen an Anna B.
Ole Dunkel, BRD 1970, 25 Min., 16 mm
Mit Renate Langer, Elke Huppelsberg, Johannes Borchardt
„Der Versuch, die Geschichte der Anna B. in einem Film zu zeigen, wird abgebrochen. Wir wollten eine genaue Analyse liefern, doch verweigerte man uns das Recht Aufnahmen in einer Hochschule zu machen. Schließlich befragten wir Anna B. über ihr Leben als „Modemieze“. Anna B. [...] träumt von einem gut-aussehenden Mann und schnellen Autos.Eine völlig banale Geschichte, sie bestätigt unsere Vorurteile und dies erschien uns erschreckend.“
(Hamburger Filmschau 1970)
Spätausgabe
Ole Dunkel und Henning Klüver, BRD 1971, 18 Min., 16 mm s/w
Mit Birgit Pohl, Klaus Schmidt, Jörg Rehrmann, Axel Dick, Henning Korn, Johannes Borchardt u.a.
„Wie menschlich ist Gewalt? Studenten und Lehr-linge versuchen, einen Film über die alltägliche Gewalt in ihrem Lebensbereich zu drehen: Zwei Setzer in einer Zeitungssetzerei warten auf die Spät-ausgabe und vergewaltigen dabei eine Sekretärin.“
(Der Katalog Nr.1, Koordinationsbüro Film, 1972)
Wozu das Theater?
Ole Dunkel, BRD 1972, 25 Min., 16 mm s/w
Ein Filmbericht über die Landesbühne Schleswig-Holstein in Rendsburg, über Situation und Funktion des Theaters in einer Kleinstadt, über Einflüsse und Abhängigkeiten von Stadtpolitik und Besitzbürger-tum. Interviews, Umfragen und Gespräche mit Bürgern, Schauspielern und Vorständen und ein krönender Bühnenball. Die Dreharbeiten zu dem Film unterlagen Repressionen und Reglementierungen, wiesie die Theaterschaffenden seitens der sie Bezahlenden ständig zu erleidenhaben. Der Filmsollte eine Diskussion über die Rolle des Theaters anstoßen.
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Zweiter Programmteil
Film I
Ole Dunkel, BRD 1967, 5 Min., N8mm
Die frontale Aufnahme eines Lehrers oder Wissen-schaftlers im weißen Kittel, der jungen Mädchen offenbar erklärt, woher die Babys kommen – während diese, ihre Beine zeigend, auf seinem Pult defilieren und ihn schließlich mit einem Apfel verführen –, wechselt mit Bildern aus der modischen Welt der Jungen Leute. Zum Schluss, als Kontrapunkt, das Kriegerdenkmal am Hamburger Dammtor mit seiner bekannten Inschrift: „Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen“ (die von der Punkgeneration später umgedichtet wurde in „Deutschland muss sterben, damit wir leben können“).
Film II
Ole Dunkel, BRD 1968, 8 Min., N8mm
Schule der Nation
Ole Dunkel, BRD 1969, 8 Min., 16 mm Farbe und s/w
Im Spätsommer 1969 war der erste Bauabschnitt der Hannoverschen U-Bahn – zwischen Markthalle und Waterlooplatz – im Rohbau fertiggestellt und sollte der Hannoverschen Bevölkerung an zwei Wochenenden zur Begehung geöffnet werden.
Kunst- und Designstudenten aus Hannover und Braunschweig sollten auf Wunsch der Baubehörde die Baustelle künstlerisch verschönern. Die unter Leitung von Prof. Siegfried Neuenhausen arbeitenden Braunschweiger Studenten nutzten die Gelegenheit zu provokativen Interventionen und nannten ihre an zwei Wochenenden im September stattfindende Kunstaktion „Schule der Nation“. Ole Dunkel war mit einer schon im Vorfeld bei der Stadt für Unruhe sorgenden Mehrfachprojektion vertreten.
Superstars
Ole Dunkel, BRD 1971, 13 Min., 16mm s/w