Koloniale Kartoffelgeschichte(n). Interventionen im Garten und im Magen
Kartoffelpflanz-Zeremonie von Daniela Zambrano Almidón
26. April 2025
Die Künstlerin Daniela Zambrano Almidón führte am 26. April 2025 hier im Garten des M.1 eine Zeremonie durch, bei der Blaue Anneliese, Heiderot, Rote Emmalie gepflanzt wurden, das sind verschiedene Sorten von Andenkartoffeln – eine Praxis, die in den Traditionen der Quechua in Peru verwurzelt ist. Das Ritual umfasste Gaben an die Erde, darunter Blumen und Bier, als Zeichen von Dankbarkeit und Respekt.
Begleitet wurde die Pflanzung von einer Lesung der Künstlerin, die die Kolonialgeschichte der Kartoffel und den kolonialen Goldraub in Peru – Abya Yala – miteinander verknüpfte. Sie thematisierte die ausbeuterischen Dynamiken europäischer Kolonialmächte.
Beim Pflanzen entstand ein Moment kultureller Aushandlung: Während die Quechua-Tradition den direkten Kontakt mit der Erde vorsieht, wurden die Kartoffeln hier aufgrund des schotterigen Bodens nach der No-Dig-Methode – ohne Umgraben, unter einer Schicht Heu – gepflanzt.
Ein unerwartetes Ereignis verstärkte die symbolische Bedeutung: Eine Teilnehmerin verlor den goldenen Ring ihrer Großmutter im Heuhaufen – eine Rückkehr zur Erde als poetischer Zufall.
27. September 2025
Am Samstag, dem 27. September, begann die Herbst-Assembly mit einem Spaziergang zum Garten der Künstlerin Wiebke Habbe. Dort leitete Daniela Zambrano Almidón die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Herstellung eines Huatia an – einem traditionellen andinen Erdofen, in dem Kartoffeln mit erhitzten Steinen gegart werden. Die Steine, die aus einem nahe gelegenen Steinbruch stammen, erinnern sowohl an die lange Zeit des Pleistozäns als auch an die heutigen Rohstoffabbauaktivitäten in Schleswig-Holstein, wie Habbe betonte.
Die gemeinsame Vorbereitung – das Reinigen der Steine und Kartoffeln, das Anzünden des Feuers, das Schichten von Blättern und Erde – wurde zu einem Akt der gemeinsamen Arbeit, Fürsorge und Reflexion. Als der Ofen verschlossen wurde, leitete Zambrano Almidón ein Ritual der Dankbarkeit gegenüber dem Boden und den Vorfahren, bei dem der Hügel mit Blumen geschmückt wurde. Diese Geste löste jedoch einen Moment der Reibung aus: Habbe lehnte die Verwendung von industriell angebauten Blumen auf ihrem pestizidfreien Boden ab, der über viele Jahre hinweg als Raum ökologischer Integrität gepflegt worden war.
Durch diesen Austausch wurde das Huatia zu mehr als nur einer Mahlzeit – es wurde zu einem Ort der kulturellen Erinnerung, des ökologischen Bewusstseins und der gemeinschaftlichen Transformation.